Die Demoszene repräsentiert eine der ältesten digitalen Kunstformen, und ist dabei sehr lebendig.
Ihr Name stammt von den sogenannten Demos, kleine in Echtzeit gerenderte, audio-visuelle Kunstwerke, die hochwertige Grafik und Musik mit hocheffizientem Computercode kombinieren.
Wer das erste mal eine Demo sieht, fühlt sich vielleicht am ehesten an ein Musikvideo mit CGI-Bildern erinnert.
Aber wie kommt man auf die Idee, so etwas zu erstellen?
Wir befinden uns in den 1980er Jahren. Heimcomputer tauchen in Haushalten auf, und schnell entdecken Kinder und Jugendliche die Geräte für sich. Eine neue Generation, die ihren Entdeckergeist auf Computer richtet, lernt schnell, dass reiner Konsum bei weitem nicht alles ist, was diese neue Welt zu bieten hat.
Mit dem Vormarsch der Computerspiele lässt auch die Piraterie nicht lang auf sich warten. Teenager und junge Erwachsene brechen den Kopierschutz ihrer Lieblingsspiele. Erst teilen sie sie mit ihren Freunden auf Schulhöfen, später bilden sich immer komplexere Distributionsstrukturen für die Raubkopien auf, die irgendwann Landesgrenzen hinter sich zurücklassen.
Natürlich entsteht dadurch ein Wettbewerb zwischen den sogenannten Crackern. Wer ist am schnellsten, wer kann die meisten Kopien am weitesten verteilen?
Also setzten sich die Teams Signaturen – neben dem Vorspann des Entwicklers und Publishers erscheinen immer öfter farbenfrohe Animationen mit den Namen der Cracker, Grüssen oder Spott an andere Gruppen und immer beeindruckenderen Effekten und Animationen. Das Cracktro ist geboren.
Über die Jahre entstand so eine eigene Kunstform, die sich aus ihren rechtlich fragwürdigen Anfängen löste. Cracktros wurden so aufwendig, dass sie auf eigenen Disketten verteilt wurden. Sie “demonstrierten” jetzt das künstlerische und technische Können ihrer Macher, und wurden immer häufiger “Demos” genannt.
Demopartys tauchten in der Schweiz und in ganz Europa auf, wo die junge Szene sich traf, ihre neuesten Arbeiten präsentierte und begann, sich in Wettbewerben unterschiedlicher Disziplinen (“Competitions”) zu messen.
Und so kommen wir auch schon in die heutige Zeit!
Der PC kam in unser Leben, und hob die Beschränkungen (und damit die Bedingungen für einen vergleichbaren Wettbewerb) auf, die C64 und Amiga noch gebildet haben. Daraufhin hat die Demozene das Sizecoding entwickelt um sich selbst weiter herauszufordern, viele der Demos wetteifern in Kategorien, welche die Dateigrösse auf 64kb, 4kb oder sogar nur 256b beschränken. Dies ist nur möglich indem Effekte und Musik programmiert werden, anstatt Assets zu speichern und abzuspielen, und damit wertvollen Speicherplatz zu belegen.
In den letzten Jahren wurde das Shader Coding (Programme, die direkt auf die GPU des Computers zugreifen) innerhalb der Demoszene zu einer Art Subkultur. Es werden “Code-Alongs” gestreamt und Wettbewerbe veranstaltet, in denen Programmierer live auf der Bühne darum kämpfen, in nur 25 Minuten den besten Effekt zu programmieren.
Das finnische UNESCO-Kapitel hat die Demoszene im Jahr 2020 als erstes digitales imaterielles Weltkulturerbe anerkannt. Deutschland nominierte die Demoszene im selben Jahr, eine Entscheidung ist für Anfang 2021 geplant.
Echtzeit ist in der Schweiz der Nationale “Point of Contact” und Teil der Art of Coding Initiative, die die Bewerbungen in ganz Europa vorantreibt.
Es gibt noch so viel mehr zu entdecken!
Wir können nicht vorhersagen, was die nächste grosse Neuheit für unsere Szene ist. Viele unserer Mitglieder sind vernarrt in 3D-Druck, VR (Virtual Reality) eröffnet uns Raum für neue Experimente und die beschleunigte technologische Evolution stellt uns mehr neue Arbeitsflächen für unsere Kunst, als wir das zu diesem Zeitpunkt überhaupt erahnen können.
Nur eine Sache ist klar: Die Zukunft hält viele neue Abenteuer, und unsere Szene wird an vorderster Front dabei sein, wenn wir diese erschliessen.